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18. Januar 2021
BGH-Urteil zur urheberrechtlichen Frage im YouTube-Fall: E-Mail-Adressen und IP-Adressen sind keine “Anschrift“

Rückschlag für Filmverwerter: Der Zugriff auf Nutzer von Videoplattformen, wie beispielsweise YouTube, bleibt bei Rechtsverstößen weiterhin sehr eingeschränkt möglich. Daten, wie E-Mail-Adressen oder IP-Adressen, müssen die Plattformbetreiber nicht herausgeben, entschied der Bundesgerichtshof (BGH), nachdem er dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) die Richtlinie (Art. 8 Abs. 2a der Richtlinie 2004/48/EG) vorlegte.

Die Entscheidung

Werden urheberrechtlich geschützte Inhalte von Nutzern widerrechtlich auf der Videoplattform YouTube hochgeladen, muss die Online-Plattform nur Name und Anschrift der verantwortlichen Person herausgeben. Dagegen besteht kein Anspruch auf Herausgabe von E-Mail-Adressen, Telefonnummern und IP-Adressen entschied nun der BGH (Urt. v. 10.12.2020, Az. I ZR 153/17).

Der Rechtsstreit begann damit, dass drei Nutzer in den Jahren 2013 und 2014 auf YouTube die Kinofilme “Parker“ und “Scary Movie 5“ auf der Videoplattform einstellten. Die Verwertungsfirma Constantin Film hält jedoch die ausschließlichen Rechte an den beiden Filmen und hat daraufhin auf Schadensersatz geklagt. Die Nutzer waren aufgrund Ihrer „Decknamen“ bzw. „User-Namen“ unbekannt und hinterließen auf YouTube nicht sichtbar ihre IP-Adresse. Die Klage hatte vor dem Landgericht Frankfurt (Az. 2-03 O 476/13) keinen Erfolg. Das Oberlandesgericht Frankfurt (Az. 11 U 71/16) bejahte einen Anspruch auf Herausgabe der E-Mail-Adresse zugunsten der Verwertungsfirma.

Die Mail-Adresse ist nicht von der “Anschrift“ umfasst

Die EU-Richtlinie (2004/48/EG) regelt in Art. 8 Abs. 2a das Recht auf Auskunft von “Namen und Adressen“. Auch verpflichtet § 101 Abs. 3 Nr. 1 UrhG dem Wortlaut nach nur zur Herausgabe von “Namen und Anschrift“.

Der BGH legte die Vorschrift so aus, dass mit der Anschrift auch Mail-Adressen und Telefonnummern gemeint sein können. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit seiner Entscheidung nun ausgeschlossen.

Die Entscheidung ist für den BGH bindend, sodass eine Auslegung des Begriffs durch den Senat ausgeschlossen ist.

Gesetzgeber in der Pflicht?

Die Entscheidung des BGH erschwert die Rechtsverfolgung insbesondere dann, wenn Rechtsverletzer von fremden Computern oder aus dem Ausland agieren. Dann bleibt den Rechteinhabern allenfalls die Möglichkeit, über eine Strafanzeige die Staatsanwaltschaften einzuschalten. Allerdings ist durchaus umstritten, dass die Staatsanwaltschaft zu Zwecken der Identitätsaufdeckung für zivilrechtliche Ansprüche genutzt wird.

Kritisiert wird zudem, dass der Auskunftsanspruch ohnehin ins Leere laufen würde, denn dem Videoplattformbetreiber YouTube sind weder die echten Namen noch die Anschriften der Nutzer bekannt. Es findet zudem keine Prüfung auf die Echtheit der angegebenen Daten statt.

Sollten Sie weitere Fragen haben, steht Ihnen unser Ansprechpartner gerne zur Verfügung.

Sebastian Schütt
Rechtsanwalt