Am 01.01.2025 trat das Vierte Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV) in Kraft. Eine der zahlreichen Änderungen betrifft das gesetzliche Schriftformgebot für langfristige Gewerbemietverhältnisse:
Nach § 550 BGB gilt bisher für alle Mietverhältnisse, die länger als für ein Jahr geschlossen werden sollten, das Schriftformerfordernis. Wurde dies nicht eingehalten, galt der Mietvertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen. Der Mietvertrag war dann trotz vereinbarter Festlaufzeit mit gesetzlicher Kündigungsfrist vorzeitig kündbar. Das bisherige Schriftformerfordernis des § 550 BGB galt nach der Gesetzesbegründung dem Schutz des Erwerbers vermieteter Grundstücke und Gewerbeimmobilien und diente generell der Rechtssicherheit und -klarheit. Die Auswirkungen von Schriftformverstößen in der Gewerberaummiete hat bislang enorme wirtschaftliche Bedeutung. Diese wurden von den Mietvertragsparteien oftmals dazu genutzt, langfristige Mietverträge vorzeitig zu beenden.
Um diese Problematik einzudämmen, wurde das Schriftformerfordernis nunmehr durch das BEG IV abgeschafft und durch das Textformerfordernis ersetzt. Es steht jedoch zu befürchten, dass sich die oben geschilderte Problematik lediglich verlagert.
Die Gesetzesänderung durch das BEG IV hat weitreichende Folgen sowohl für Mietvertragsparteien als auch für Veräußerer und Erwerber vermieteter Grundstücke und Gewerbeimmobilien. Hierzu nachfolgend im Einzelnen:
Textform
Die Vereinfachung der Formvorschrift von Schriftform auf Textform für Mietverhältnisse über Grundstücke und über Räume, die keine Wohnräume sind, wird auf der einen Seite den digitalen Abschluss von Mietverträgen bzw. nachträglichen Vertragsänderungen erleichtern und deutlich beschleunigen.
Auf der anderen Seite erzeugt die Neuerung vor allem im Zusammenhang mit den wirtschaftlich enorm relevanten Gewerberaummietverträgen rechtliche Unsicherheiten und Unklarheiten, denn aus den Regelungen zur Schrift- und Textform ergibt sich nicht, wie Verträge ab sofort formgerecht abgeschlossen bzw. geändert werden können, wenn sie dem Erfordernis der Textform unterliegen. Auch entfällt die Warnfunktion des Schriftformerfordernisses und damit der Schutz vor einer übereilten Abgabe einer Willenserklärung in Textform, also z.B. per E-Mail oder über sogenannte Messenger-Dienste.
Urkundeneinheit
Aus dem Erwerberschutz des § 550 BGB leitete die Rechtsprechung bislang das weitere Erfordernis der Urkundeneinheit ab: Besteht ein für längere Zeit als ein Jahr geschlossener Mietvertrag aus einer Vertragsurkunde mit Anlagen, ist die Schriftform der §§ 566, 550 BGB nur dann gewahrt, wenn die formbedürftigen Vertragsklauseln in einer Urkunde enthalten sind.
Die Gesetzesbegründung zum BEG IV deutet darauf hin, dass der Erwerberschutz auch künftig weiter gelten soll, was für eine Beibehaltung des Erfordernisses der Urkundeneinheit spricht. Der Gesetzgeber lässt jedoch Vermieter und Mieter im Unklaren, ob und wie diese künftig dieses weitere Erfordernis umzusetzen haben.
Auswirkungen auf Altverträge
Für bereits vor dem Inkrafttreten des BEG IV abgeschlossene Mietverträge gilt eine Übergangsvorschrift, die mit Ablauf des 31.12.2025 endet. Während dieser Übergangszeit können Altverträge nach wie vor wegen Schriftformmängeln vorzeitig gekündigt werden. Nach Ablauf der Übergangsfrist entfällt die Möglichkeit der vorzeitigen Kündigung von Altmietverträgen wegen Schriftformverstößen; diese sind dann nur noch wegen etwaiger Textformverstöße vorzeitig kündbar.
Wird ein Altvertrag nach dem 01.01.2025, aber noch vor dem 31.12.2025 ergänzt und/oder geändert, gelten die neuen Vorschriften bereits ab dem Zeitpunkt der Vertragsänderung.
Ausblick
Ab sofort ist erhöhte Vorsicht bei der Abgabe (übereilter) Erklärungen in Textform geboten. Lassen Sie sich deshalb bei Neuabschlüssen und auch bei Vertragsergänzungen/-änderungen rechtlich beraten.
Für Altverträge endet die Möglichkeit der vorzeitigen Kündbarkeit wegen Schriftformmangels für Altverträge aufgrund der Übergangsvorschrift erst mit Ablauf des 31.12.2025. Wir empfehlen deshalb, Altverträge noch bis Ende 2025 rechtlich auf ihre vorzeitige Kündbarkeit wegen Schriftformmangels prüfen zu lassen. Selbstverständlich steht es den Mietvertragsparteien auch frei, schon jetzt vor Ablauf der Übergangsfrist eine Kündigung von Altverträgen wegen Schriftformverstößen vertraglich auszuschließen.
Erwerber von vermietetem Grundbesitz sollten künftig noch aufmerksamer die Vollständigkeit der Mietvertragsdokumente überprüfen und ggf. entsprechende Vorkehrungen treffen.
Für alle Fragen um dieses Thema stehen wir Ihnen selbstverständlich gern zur Verfügung!