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9. Juni 2021
Corona als Störung der Geschäftsgrundlage – Minderung von Gewerbemiete?

Die dritte Corona-Welle scheint überwunden. Geschäfte und Gastronomiebetriebe öffnen wieder ihre Türen. Nichtsdestotrotz liegen für Viele wirtschaftlich harte Monate zurück. Insbesondere im Hinblick auf Gewerbemietverträge und die damit verbundenen Mietzahlungspflichten gab es erhebliche Probleme. Behördlich angeordnete Betriebsschließungen führten nicht selten dazu, dass die Mieter die Mietzahlungen gekürzt und eingestellt haben. Der Gesetzgeber reagierte nach dem Kündigungsmoratorium für April bis Juni 2020 mit einer Neuregelung im Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) und führte zum 31.12.2020 eine Sonderregelung zur Behandlung von Gewerbemietverträgen bei pandemiebedingten Geschäftsschließungen ein. Mit der Einführung des Artikel 240 § 7 EGBGB wird nunmehr gesetzlich vermutet, dass die Corona-Pandemie eine Störung der Geschäftsgrundlage im Sinne von § 313 Abs. 1 BGB darstellt.

Mietzahlung nicht automatisch unzumutbar

Die Mietrechtsänderung im EGBGB stellt jedoch keinen Freifahrtsschein zur Mietkürzung für die Gewerbemieter dar. Die Fragen, ob ein Festhalten an dem Mietvertrag in vereinbarter Form für eine Partei unzumutbar ist und ob eine Mietanpassung im konkreten Fall – auch rückwirkend – angemessen ist, sind durch das Gesetz nicht entschieden, sondern müssen anhand der Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Maßgebliche Faktoren für die vorzunehmende Abwägung sind:

  • die Zumutbarkeit der vollen Mietzahlung für den Mieter,
  • die Zumutbarkeit der Kürzung der Miete für den Vermieter,
  • die konkreten wirtschaftlichen Situationen beider Parteien,
  • der Umfang der tatsächlich erlittenen Umsatzeinbußen der Mieter,
  • sowie Höhe und Zeitpunkt staatlicher Hilfen (hier insbesondere mit Blick auf die Überbrückungshilfe III, die gerade auch zur Deckung der Fixkosten des Hilfeempfängers dient).

Gerichte urteilen unterschiedlich

Inzwischen durften sich auch die Gerichte mit pandemiebedingten Mietkürzungen beschäftigen. Sie haben die Situationen und die Frage des Minderungsgrundes unterschiedlich beurteilt. Das OLG Karlsruhe und das OLG Dresden haben hier beispielsweise sehr kontrovers entschieden. Da die gesetzliche Neuregelung eher für Unsicherheit als Klarheit sorgt, wäre eine Meinungsbildung des Bundesgerichtshofes sicherlich wünschenswert. Bis zu einer solchen Grundsatzentscheidung bietet es sich für die Mietvertragsparteien – vor allem im Hinblick auf eine unbelastete Fortführung des Mietverhältnisses – an, eine einvernehmliche Lösung zu finden, die sinnvollerweise in Form eines schriftlichen Nachtrags zum bestehenden Mietvertrag geregelt wird. Bei neu abzuschließenden Mietverträgen können entsprechende Regelungen getroffen werden, die die Verteilung der Risiken in der Pandemie bereits angemessen berücksichtigen.

Merle Kammer
Rechtsanwältin