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24. Juli 2019
Dienstreise und A1-Antrag

Vermutlich vielen nicht bekannt: Bereits seit einigen Jahren gilt es bei Mitarbeiterentsendungen und grenzüberschreitenden Dienstreisen in einen anderen EU-Staat sowie nach Island, Liechtenstein, Norwegen und in die Schweiz eine sogenannte A1-Bescheinigung mit sich zu führen. In der Vergangenheit wurde das Vorliegen einer solchen Bescheinigung jedoch selten kontrolliert. Das ändert sich jetzt! Aufgrund eines neuen Antragsverfahrens ab 2019 und der Tatsache, dass zukünftig verstärkt Grenzkontrollen durchgeführt werden, sollte die Beantragung einer A1-Bescheinigung zwingend bei der Planung eines Auslandseinsatzes berücksichtigt werden.

Was steckt hinter der sog. A1-Bescheinigung?

Die Bescheinigung dient sozialversicherungsrechtlichen Zwecken. Sobald ein Arbeitnehmer im Ausland tätig wird, sind grundsätzlich neben den Sozialversicherungsbeiträgen in Deutschland auch Beiträge im Ausland zu leisten. Zweck der sog. A1-Bescheinigung ist, vor genau dieser doppelten Beitragszahlung zu schützen. Durch Vorlage der A1-Bescheinigung wird den ausländischen Sozialbehörden nachgewiesen, dass der Arbeitnehmer der Sozialversicherungspflicht seines Heimatlandes unterliegt. Gleichzeitig wird dadurch sichergestellt, dass weiterhin allein die Rechtsvorschriften des Heimatlandes gelten.

Betroffen ist jede noch so kurze Dienstreise. Das Sozialversicherungsrecht unterscheidet hierbei nicht zwischen einer Dienstreise und einer Entsendung. Wird die Landesgrenze z.B. auch nur für wenige Stunden für ein Geschäftsmeeting überquert, ist auch in diesem Fall eine A1-Bescheinigung zu beantragen. Zuständig für die Ausstellung der Bescheinigungen ist je nach Versicherung (gesetzl. oder privat) die Krankenkasse bzw. die Rentenversicherung.

Elektronisches Antragsverfahren ab 2019

Die Beantragung der A1-Bescheinigung ist vom Arbeitgeber vorzunehmen und hat noch vor Antritt der geschäftlichen Auslandsreise zu erfolgen. Der jeweilige Mitarbeiter hat die Bescheinigung bei der Reise mit sich zu führen und bei Kontrollen vorzuzeigen. Ist eine Bescheinigung nicht vor Reiseantritt erteilt worden, so genügt z.B. in Österreich oder Frankreich, das Beisichführen des ausgedruckten Antragsformulars als Nachweis dafür, dass die Bescheinigung noch vor Reiseantritt beantragt wurde.

Bereits seit 2018 besteht für Arbeitgeber die Möglichkeit, die Bescheinigung elektronisch zu beantragen. Seit 2019 ist das elektronische Antrags- und Bescheinigungsverfahren nun für alle Arbeitgeber verpflichtend (§ 106 SGB IV, Art. 12 Abs. 1 der EU-Verordnung (EG) 883/2004). Die elektronische Beantragung setzt jedoch ein Entgeltabrechnungssystem mit dem entsprechenden Modul voraus. Sofern dem Arbeitgeber kein entsprechendes Abrechnungssystem für die Beantragung zur Verfügung steht, können auch Kanzleien – sofern sie über die notwendigen Programme verfügen – die Antragstellung für den Arbeitgeber übernehmen.

Folgen bei Nichtbeantragung

Die Nichtbeantragung oder verspätete Beantragung kann für den Arbeitgeber gravierende Folgen haben:

Zum einen setzen einige Länder Bußgelder von bis zu mehreren tausend Euro bei Nichtvorlage einer A1-Bescheinigung fest.

Zum anderen verletzt der Arbeitgeber durch Nichtabführung der korrekten SV-Beiträge seine Fürsorgepflicht für den Arbeitnehmer. Das kann sogar dazu führen, dass der Arbeitnehmer ggf. einen geringeren Versicherungsschutz im Ausland hat. So kann z.B. je nach Entsendemitgliedstaat bei einem Arbeitsunfall ein verminderter Unfall- und Krankenversicherungsschutz bestehen. In der Folge kann der Arbeitnehmer ggf. gegen den Arbeitgeber Schadensersatzansprüche haben. Je nach Entsendemitgliedstaat können dann z.T. hohe Kosten auf den Arbeitgeber zukommen.

Praxishinweis: Die A1-Bescheinigung sollte in jedem Fall vor Reiseantritt beantragt werden. Sofern die Bescheinigung nicht rechtzeitig bei Reiseantritt vorliegt, sollte der ausgedruckte Antrag als Nachweis über die Beantragung mit sich geführt werden. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass ebenfalls die allgemeinen (EU-) Meldepflichten des jeweiligen Landes zu prüfen sind. Auch hier können unterlassene Registrierungen hohe Bußgelder nach sich ziehen.

Sarah Bruns
Rechtsanwältin