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16. März 2021
Elternzeit und Urlaub – Arbeitgeber können Urlaubsansprüche kürzen

Im Rahmen unserer arbeitsrechtlichen Beratungstätigkeiten fällt immer wieder auf, dass die Möglichkeiten zur Kürzung von Urlaub während der Elternzeit nicht bekannt sind oder übersehen werden. Teilweise gehen Arbeitgeber fälschlicherweise davon aus, dass der Urlaub während der Elternzeit automatisch gekürzt wird oder gar nicht erst entsteht. Das böse Erwachen kann dann am Ende des Arbeitsverhältnisses kommen, wenn Arbeitnehmer Ansprüche auf Urlaubsabgeltung für mehrere Jahre geltend machen. Daher erscheint es sinnvoll, diesen Themenbereich nachfolgend einmal zusammenfassend darzustellen.

Gemäß § 17 Abs. 1 S. 1 BEEG hat der Arbeitgeber die Möglichkeit, den jährlichen Anspruch auf Urlaub für die Dauer der Elternzeit zu kürzen.

Für jeden vollen Kalendermonat, den Arbeitnehmer Elternzeit in Anspruch nehmen, haben Arbeitgeber das Recht, den jährlichen Urlaubsanspruch um ein Zwölftel zu kürzen.

Aber Achtung: Wird nur zu einem Teil des Kalendermonats Elternzeit genommen, dann verringert sich der Jahresurlaub nicht. Dies bedeutet:

Wenn der Arbeitnehmer einen Jahresurlaubsanspruch von 24 Tagen besitzt und vom 1. Januar bis zum 30. November Elternzeit nimmt, dann kann der Urlaubsanspruch um elf Zwölftel auf 2 Tage gekürzt werden. Wird jedoch vom 15. Januar bis zum 15. April Elternzeit genommen, dann kann der Urlaubsanspruch nur um zwei Zwölftel gekürzt werden.

Die Kürzung erfolgt jedoch nicht automatisch. Der Arbeitgeber muss hier tätig werden.

Während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses kann der Arbeitgeber vor, während und am Ende der Elternzeit eine Kürzung vornehmen. Der Arbeitgeber darf jedoch keine Kürzung vor der Erklärung des Arbeitnehmers, Elternzeit nehmen zu wollen, vornehmen. Er kann die Kürzung des Urlaubsanspruchs auch nicht nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses vornehmen. Die Erklärung des Arbeitgebers ist hierbei an keine Form gebunden. Es ist jedoch ratsam, eine explizite Kürzungserklärung abzugeben und einen gesicherten Zugang beim Arbeitnehmer herbeizuführen. Arbeitgeber haben sicherzustellen, dass die Erklärung der Kürzung nachgewiesen werden kann, da in einem Prozess der Arbeitgeber beweisbelastet ist.

Immer wieder finden sich auch Klauseln zur Kürzung des Urlaubsanspruchs im Arbeitsvertrag. Davon ist abzuraten, denn eine solche Klausel hat keine Wirkung. Der Gesetzgeber sieht vor, dass von diesem Recht erst nach Beantragung der Elternzeit, also nicht im Vorwege, Gebrauch gemacht werden kann.

Folgende Vorgehensweise erachten wir daher für praktisch sinnvoll:

Wenn ein Arbeitnehmer Elternzeit in Anspruch nimmt, muss der Arbeitgeber dies bestätigen. Es bietet sich an, diese Bestätigung gleich mit der Erklärung zu verbinden, dass der Urlaubsanspruch für jeden vollen Kalendermonat, in den der Arbeitnehmer in Elternzeit geht, um ein Zwölftel gekürzt wird. Auf diese Weise gerät das Thema der Kürzung des Urlaubs dann nicht im weiteren Verlauf der Elternzeit in Vergessenheit. Der Arbeitgeber sollte sich dieses Bestätigungsschreiben vom Arbeitnehmer gegenzeichnen lassen. So kann der Arbeitgeber beweisen, dass er die Kürzung des Urlaubsanspruchs gegenüber dem Arbeitnehmer erklärt hat.

Wie ist nun zu verfahren, wenn Arbeitnehmer während der ersten Elternzeit aufgrund der Geburt eines zweiten Kindes direkt im Anschluss eine zweite Elternzeit nehmen oder die erste Elternzeit verlängern? Muss der Arbeitgeber erneut eine Erklärung abgeben, dass der Urlaub gekürzt wird, oder gilt eine einmal abgegebene Kürzungserklärung fort? Beide Fälle sind höchstrichterlich noch nicht geklärt. Die Erklärung des Arbeitgebers könnte dahingehend ausgelegt werden, dass auch während der Verlängerung der Elternzeit bzw. für die zweite Elternzeit eine Kürzung des Urlaubsanspruchs vorgenommen wird. Aber um auch hier Rechtssicherheit zu schaffen und künftige Konflikte zu vermeiden, raten wir Arbeitgebern, die Kürzung erneut in Textform zu erklären und sich dieses Schreiben vom Arbeitnehmer gegenzeichnen zu lassen.

Was passiert mit dem Resturlaub, die der Arbeitnehmer aus der Zeit vor dem Beginn der Elternzeit hat?

Der Resturlaub verfällt nicht. Der Arbeitgeber hat den Resturlaub nach dem Ende der Elternzeit im laufenden oder im nächsten Urlaubsjahr zu gewähren (§ 17 Abs. 2 BEEG). Das bedeutet, wenn der Arbeitnehmer aus dem Jahr 2018 noch einen Anspruch auf Urlaub in Höhe von 12 Tagen hatte, bevor er in Elternzeit geht, und im Jahr 2021 aus der Elternzeit wiederkommt, hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den Resturlaub von 12 Tagen im laufenden Jahr 2021 oder im Jahr 2022 zusätzlich zu dem Jahresurlaub zu gewähren. Selbst wenn der Arbeitnehmer an die erste Elternzeit eine zweite Elternzeit anschließt, ist der Resturlaub nach Beendigung der zweiten Elternzeit im laufenden oder im darauffolgenden Jahr zu gewähren.

Eine von Arbeitgebern beliebte Vorgehensweise, um die Gewährung des Resturlaubs nach Beendigung der Elternzeit nicht einräumen zu müssen, ist die Abgeltung des Resturlaubs. Eine solche Vorgehensweise ist während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses jedoch nicht möglich. Nur nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitgeber die Möglichkeit, den Urlaubsanspruch abzugelten.

Wir empfehlen Ihnen daher, etwaig bestehenden Resturlaub vor Beginn der Elternzeit bzw. vor Beginn des Mutterschutzes zu gewähren.

Wie ist es, wenn Arbeitnehmer während der Elternzeit Teilzeit arbeiten? In diesem Fall ändert sich an den Urlaubsansprüchen nichts. Insbesondere entfällt die Möglichkeit, Urlaubsansprüche für die Dauer der Elternzeit kürzen zu können. Der Anspruch auf den Jahresurlaub wird lediglich auf die Teilzeit umgerechnet.

Für die Beantwortung weitergehender Fragen zu diesem oder zu anderen Themen aus dem Arbeitsrecht steht unser Team jederzeit gern zur Verfügung.

Dr. Steffen Görres
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht
Shahrzad Dahaghin
Rechtsanwältin