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20. Juli 2022
Entlastungen für Arbeitnehmer

Viel Bewegung beim Mindestlohn
Als zum 01.01.2015 erstmals in Deutschland ein flächendeckender Mindestlohn eingeführt wurde, stellte dieser Umstand und die mit der Einführung einhergehenden administrativen Vorgaben (z.B. Aufzeichnungspflichten) viele Arbeitgeber vor Herausforderungen. Diese sind zwischenzeitlich weitestgehend gemeistert und die Existenz des Mindestlohns zur unternehmerischen Normalität geworden.
Warum lohnt es sich dann, das Thema Mindestlohn im Rahmen dieses Beitrags wieder aufzugreifen? Die Antwort ist simpel: Weil sich beim Thema Mindestlohn gerade einiges getan hat und hierbei auch von den seit 2015 bekannten Verfahren abgewichen wurde. 

Erhöhung zum 01. Juli 2022
Die erste Neuerung, nämlich die Erhöhung des Mindestlohns auf € 10,45 brutto pro Stunde zum 01. Juli 2022, folgte noch den üblichen Verfahren, denn der Vorschlag hierzu kam von der sogenannten die Mindestlohnkommission, die auch die bisherigen Erhöhungen vorgeschlagen hatte. Diese Rolle sieht das Mindestlohngesetz für die Mindestlohnkommission vor. 

€ 12,00 Mindestlohn ab 01. Oktober 2022
Aber nach der Erhöhung ist vor der Erhöhung, denn dieses Jahr geht es Schlag auf Schlag. Und die nächste Erhöhung fällt signifikanter aus. Ab dem 01. Oktober 2022 steigt der Mindestlohn auf € 12,00 brutto in der Stunde. Dass es sich hierbei um eine nicht unerhebliche Anhebung handelt, zeigt der Blick in die Vergangenheit. Zum Ende des vergangenen Jahres betrug der Mindestlohn noch € 9,60 brutto und bei seiner erstmaligen Einführung 2015 € 8,50 brutto. Die Erhöhung auf € 12,00 erfolgte per Gesetz, also nicht auf Vorschlag der Mindestlohnkommission, und weicht damit von dem bisherigen Erhöhungs-Prozedere ab. Die Bundesregierung, die die Erhöhung auf € 12,00 initiiert hat, erhofft sich hiervon eine Stärkung der Kaufkraft und einen Impuls in Richtung wirtschaftliche Erholung. Künftig wird allerdings wieder die Mindestlohnkommission Vorschläge zur Erhöhung des Mindestlohns erarbeiten. Man kehrt mithin zum üblichen Prozedere zurück. Mit einer erneuten Erhöhung des Mindestlohns ist dann zum 01. Januar 2024 zu rechnen. 

Änderung der Geringfügigkeitsgrenze
Das Anfang Juni verabschiedete Gesetz hatte allerdings nicht nur die Erhöhung des Mindestlohns auf € 12,00 brutto zum Gegenstand. Es würde auch die Geringfügigkeitsgrenze für sogenannte Mini- oder 450-Euro-Jobs angehoben. Ab dem 01. Oktober 2022 liegt diese bei € 520,00 monatlich. Ferner wird die Geringfügigkeitsgrenze künftig dynamisch ausgestaltet und passt sich bei künftigen Mindestlohnerhöhungen an, denn das Gesetz definiert die Geringfügigkeitsgrenze nunmehr als „das monatliche Arbeitsentgelt, das bei einer Arbeitszeit von zehn Wochenstunden zum Mindestlohn (…) erzielt wird.“ Damit stellt der Gesetzgeber auch klar, dass im Rahmen eines Mini-Jobs maximal zehn Stunden in der Woche gearbeitet werden können.
Des Weiteren wird auch die Höchstgrenze für eine Tätigkeit im Übergangsbereich (sogenannte Midi-Jobs) von € 1.300,00 auf € 1.600,00 angehoben. 

Arbeitgeber müssen umsetzen
Der geltende Mindestlohn ist von Arbeitgebern zwingend zu beachten, stellt er doch vergütungstechnisch die absolute Untergrenze des Zulässigen dar. Gerade im Mini-Job-Bereich ist hier besondere Aufmerksamkeit gefragt, damit es nicht zu einem Überschreiten der Geringfügigkeitsgrenze kommt. Arbeitgeber sollten hier auf jeden Fall prüfen, ob eine Anpassung von Verträgen erforderlich ist, um böse Überraschungen zu vermeiden.
Sollten Sie Fragen zu den vorstehenden Themen haben, beraten wir Sie gerne hierzu. 

 

9-Euro-Ticket – Wer übernimmt die Fahrtkosten für Pendler?

Mit dem 9-Euro-Ticket soll der Geldbeutel vieler Arbeitnehmer geschont und Mobilität sichergestellt werden. Die kostengünstige Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs hat Vorteile für Vielfahrer und Pendler. Für Juni, Juli und August dieses Jahres sind diese Tickets erhältlich, doch welche lohnsteuerlichen Auswirkungen hat das Projekt für Arbeitgeber und Arbeitnehmer?
Für die Laufzeit des 9-Euro-Tickets gewährt die Finanzverwaltung eine Vereinfachungsregelung. Zuschüsse des Arbeitgebers die zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn für die Aufwendungen von Tickets für öffentliche Verkehrsmittel geleistet werden sind grundsätzlich steuerfrei, wenn die Aufwendungen des Arbeitnehmers nicht überschritten werden. Also auch bei Arbeitnehmern deren Tickets bisher pauschal versteuert wurden.
Wer die Kosten während der drei Monate zu tragen hat, ist nicht gesetzlich definiert. Jedes Unternehmen kann das 9-Euro-Ticket entweder zusätzlich zahlen oder die Kosten an den Arbeitnehmer abtreten. 

 

Einmalige Energiepauschale vom Arbeitgeber – Wer hat Anspruch darauf?
Im September 2022 sollen 300 Euro an alle aktiv erwerbstätigen Personen ausgezahlt werden. Dies soll eine einmalige Maßnahme zur Abmilderung der drastisch gestiegenen Energiepreise sein und eine Entlastung für Erwerbstätige in Deutschland sein. Bei Arbeitnehmern erfolgt die Auszahlung über die Lohn- und Gehaltsabrechnung, je nach Größe des Arbeitgebers, entweder im September oder im Oktober 2022.
Die Verwaltung hat nun Vorgaben definiert, wer Anspruch auf diese Zahlung hat.
Wir haben diese für Sie zusammengefasst.
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die:
– zum 1.9.2022 in einem gegenwärtigen ersten Dienstverhältnis stehen
und
– in einer der Steuerklassen 1 – 5 geführt werden
oder
– als geringfügig Beschäftigte pauschal besteuerten Arbeitslohn nach § 40a Abs. 2 EstG beziehen

Geringfügig Beschäftigte (z.B. Minijobber) können nur berücksichtigt werden, wenn eine schriftliche Bestätigung über das erste Dienstverhältnis vorliegt.
Ebenfalls berücksichtigt werden:
– Beschäftigte in der passiven Phase der Altersteilzeit
– Personen, die ausschließlich steuerfreien Arbeitslohn beziehen
– Beschäftigte mit einem aktiven Dienstverhältnis, die dem sogenannten Progressionsvorbehalt unterliegende Lohnersatzleistungen beziehen (z. B. Beschäftigte in Elternzeit mit Elterngeldbezug)
Grundsätzlich hat jede Person Anspruch auf die Energiepauschale. Sollte kein Dienstverhältnis im September 2022 bestehen, kann die Auszahlung über die Einkommensteuererklärung für das Jahr 2022 erfolgen. 

Wissenswertes für Arbeitgeber

  1. Zur Finanzierung der Pauschalen wird der Betrag vorab vom Gesamtbetrag der einzubehaltenden Lohnsteuer für August bzw. für das 3. Quartal abgezogen.
  2. Es erfolgt eine Kennzeichnung durch den Buchstaben E.
  3. Übersteigt die zu gewährende Energiepreispauschale den Betrag, der insgesamt an Lohnsteuer abzuführen ist, erstattet das Finanzamt die Differenz.
  4. Arbeitgeber, die die Lohnsteuer quartalsweise abführen, können die Auszahlung in den Oktober schieben. 
  5. Bei jährlicher Abgabe der Lohnsteueranmeldung kann der Arbeitgeber auf die Auszahlung verzichten. 

Wissenswertes für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer

  1. Der 1.9.2022 ist kein Stichtag für die Auszahlung der Energiepauschale. Sollten Sie die Voraussetzungen erfüllen, erhalten Sie die 300 Euro mit Ihrer Lohnzahlung. 
  2. Sollten Sie als Minijobber sich im September in Ihrem ersten Dienstverhältnis befinden, haben Sie Anspruch auf die Auszahlung. 
  3. Als Minijobber in Privathaushalten oder Beschäftigte, deren Arbeitgeber keine Lohnsteuer auszahlen, können Sie über die Steuererklärung für 2022 die Energiepauschale erhalten. 
  4. Pensionäre, Rentner und Steuerpflichtige ohne Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt in Deutschland sowie beschränkt steuerpflichtige Grenzpendler erhalten keine Pauschale. 
Sabine Boldt, Steuerfachangestellte, Personalfachkauffrau
Johann Moritz Leverkühn
Rechtsanwalt | Fachanwalt für Arbeitsrecht