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6. Oktober 2020
Familiengesellschaften und die Beteiligung minderjähriger Kinder an ihnen

Gesellschaften sind ein beliebtes Gestaltungsinstrument innerhalb von Familien. Und es gibt unterschiedliche Gründe, warum bereits minderjährige Kinder an Familiengesellschaften beteiligt werden sollen. So können bei einer frühzeitigen Beteiligung die erb- bzw. schenkungsteuerlichen Freibeträge alle zehn Jahre ausgeschöpft und damit Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer gespart werden. Ertragsteuerlich können Einkünfte auf mehrere Familienmitglieder verteilt und so ein Progressionsvorteil genutzt werden. Neben steuerlichen Gründen werden Kinder auch als Gesellschafter aufgenommen, um sie auf eine Vermögens- und Unternehmensnachfolge innerhalb der Familie vorzubereiten. Durch eine frühzeitige Beteiligung am Unternehmen können wirtschaftliche Kompetenz und unternehmerische Verantwortung vermittelt werden. Außerdem kann die Übertragung von Gesellschaftsbeteiligungen an Kinder auch dem teilweisen Schutz des Familienvermögens vor dem Zugriff etwaiger Gläubiger dienen. Es gibt also aus Sicht von Eltern und auch Großeltern vielfältige Gründe, Kinder bzw. Enkelkinder an einer Gesellschaft (z. B. an einer vermögensverwaltenden Gesellschaft) zu beteiligen. Sind die Kinder noch minderjährig, müssen dabei jedoch einige rechtliche Besonderheiten beachten werden.

Minderjährige unterliegen einem besonderen gesetzlichen Schutz, vor allem vor Haftungsrisiken. Minderjährige, die das siebte Lebensjahr noch nicht vollendet haben, sind nicht geschäftsfähig und müssen daher zwingend durch ihre gesetzlichen Vertreter vertreten werden. Minderjährige, die das siebte Lebensjahr bereits vollendet haben, sind beschränkt geschäftsfähig, d. h. sie bedürfen für Rechtsgeschäfte, durch die sie nicht nur einen “rechtlichen Vorteil” erlangen, der Genehmigung der Eltern. Bei genehmigungsbedürftigen Geschäften können die Eltern das minderjährige Kind dann nicht vertreten, wenn es sich um ein Geschäft zwischen dem Kind und den Eltern selbst oder dem Kind und anderen Verwandten in gerader Linie (z. B. den Großeltern des Kindes) handelt, weil es hier zu einem Interessenkonflikt kommen kann. In solchen Fällen ist ein Ergänzungspfleger zu berufen. Bestimmte Geschäfte bedürfen darüber hinaus der Genehmigung des Familiengerichts. Sowohl der Erwerb oder die Veräußerung einer Gesellschaftsbeteiligung als auch der Abschluss eines Gesellschaftsvertrags können genehmigungsbedürftig sein.

Dies gilt aber nur dann, wenn das Geschäft nicht lediglich rechtlich vorteilhaft ist, wobei die Betonung auf rechtlichem Vorteil liegt. Es kommt nicht darauf an, ob das Geschäft zu einem wirtschaftlichen Vorteil für das Kind führt, sondern allein darauf, ob ein rechtlicher Nachteil bzw. eine Verpflichtung für das minderjährige Kind besteht.

Bei schenkweisen, also unentgeltlichen Übertragungen von Unternehmensbeteiligungen ist nach den Rechtsformen der Unternehmen zu unterscheiden:

Schenkungen von Aktien bedürfen in der Regel keines Ergänzungspflegers und keiner familiengerichtlichen Genehmigung, da aus dem Besitz von Aktien keine rechtlichen Nachteile für das beschenkte Kind entstehen.

Ob die Schenkung eines voll eingezahlten GmbH-Geschäftsanteils lediglich rechtlich vorteilhaft ist oder nicht, ist umstritten. Die Schenkung eines GmbH-Geschäftsanteils ist aber häufig wegen des Hinzutretens weiterer Regelungen im Zusammenhang mit der Schenkung (z. B. Rückforderungsklauseln, Pflichtteilsanrechnung oder Pflichtteilsverzicht) nicht lediglich rechtlich vorteilhaft, so dass die schenkungsweise Übertragung von GmbH-Geschäftsanteilen der Mitwirkung eines Ergänzungspflegers und ggf. zusätzlich der familiengerichtlichen Genehmigung bedarf.

Schenkungen von Anteilen an einer OHG oder GbR sind schon wegen der mit der Beteiligung an diesen Gesellschaftsformen verbundenen persönlichen Haftung in der Regel nicht lediglich rechtlich vorteilhaft, so dass auch bei schenkweisen Übertragungen von Anteilen an diesen Gesellschaftsformen die Mitwirkung eines Ergänzungspflegers und ggf. zusätzlich eine familiengerichtlichen Genehmigung erforderlich wird.

Bei der schenkweisen Übertragung eines (auch bereits voll eingezahlten) Kommanditanteils kann ein rechtlicher Nachteil in der Gefahr einer Haftung des als Kommanditist in die Gesellschaft eintretenden Kindes für die in der Zeit zwischen dem Zeitpunkt der Schenkung und seiner Eintragung in das Handelsregister begründeten Verbindlichkeiten der Gesellschaft bestehen. Dieser Gefahr kann man durch die Regelung begegnen, dass die Schenkung der Beteiligung unter der aufschiebenden Bedingung der Eintragung des Kindes als Kommanditist in das Handelsregister steht. Das gilt zumindest für rein vermögensverwaltende Kommanditgesellschaften. Anders verhält es sich bei der Übertragung von Anteilen an Erwerbsgesellschaften. Ob es sich bei einer Gesellschaft um eine vermögensverwaltende Gesellschaft oder um eine Erwerbsgesellschaft handelt, muss im Einzelfall beurteilt werden. Die Rechtsprechung stellt für die Abgrenzung u. a. darauf ab, ob eine geschäftsmäßige und berufliche Tätigkeit erforderlich ist. Indizien für das Vorliegen eines Erwerbsgeschäfts können auch die lange Dauer der Gesellschaft (z. B. 30 Jahre), der Umfang und der Wert des verwalteten Grundvermögens, aber auch das Ziel sein, künftig weiteren Grundbesitz hinzu zu erwerben, ihn zu verwalten, zu vermieten und zu verwerten. Die Übertragung von Anteilen an Erwerbsgesellschaften ist stets genehmigungsbedürftig.

Für alle Fälle gilt: Wann die Mitwirkung eines Ergänzungspflegers und eine familiengerichtliche Genehmigung erforderlich ist, lässt sich nicht für alle Fälle pauschal beantworten. Entscheidend ist vielmehr die konkrete Ausgestaltung des jeweiligen Schenkungs- und Übertragungsvertrags im Einzelfall. Neben rein gesellschaftsrechtlichen Aspekten können auch erbrechtliche und sachenrechtliche Regelungen im Vertrag die Mitwirkung eines Ergänzungspflegers und eine familiengerichtliche Genehmigung notwendig machen.

Die entgeltliche Übertragung eines Gesellschaftsanteils von Eltern oder von Großeltern an ein minderjähriges Kind ist für das Kind stets rechtlich nachteilhaft, da das Kind zur Zahlung eines Kaufpreises verpflichtet wird. Dies gilt auch, wenn der Kauf bei wirtschaftlicher Betrachtung ein gutes Geschäft für das Kind wäre.

Die Frage der Erforderlichkeit eines Ergänzungspflegers oder einer familiengerichtlichen Genehmigung endet nicht mit der Aufnahme des Kindes in die Gesellschaft, sondern gilt auch für bestimmte Gesellschafterbeschlüsse fort. Wollen sich die Eltern des minderjährigen Gesellschafters z. B. zum Geschäftsführer der Gesellschaft bestellen, ihr Gehalt erhöhen und einen Geschäftsführeranstellungsvertrag mit der Gesellschaft schließen oder abändern, muss auch hierzu ein Ergänzungspfleger eingeschaltet werden. Hier kann die Einrichtung einer Dauerpflegschaft sinnvoll sein, um die Handlungsfähigkeit der Gesellschaft bei solchen Beschlüssen sicherzustellen.

Ergänzungspfleger werden vom Familiengericht bestellt. Hierfür besteht die Möglichkeit, dem Gericht Personen als Ergänzungspfleger vorzuschlagen. Wenn diese Personen nicht wegen ihres Verwandtschaftsverhältnisses zu den Beteiligten ausscheiden oder sich nicht aus anderen Gründen als ungeeignet erweisen, folgt das Gericht häufig einem solchen Vorschlag.

Fazit:

Die Beteiligung minderjähriger Kinder an v. a. vermögensverwaltenden Familiengesellschaften ist eine interessante Gestaltungsmöglichkeit, nicht nur aus steuerlichen Gründen. Viele Gestaltungsvarianten machen dabei sowohl die Beteiligung eines Ergänzungspflegers als auch eine familiengerichtliche Genehmigung erforderlich. Wenn man dies weiß, kann man durch Vorschlag geeigneter Personen diesem Erfordernis begegnen. Die Beteiligung von minderjährigen Kindern sollte daher im Vorfeld mit Spezialisten aus den Bereichen Gesellschaftsrecht, Steuerrecht und Familienrecht abgestimmt werden.

Bei Fragen zu diesem und zu anderen rechtlichen und steuerlichen Themen wenden Sie sich gern an Herrn RA/FAStR Tim Wöhler.

Tim Wöhler, Fachanwalt für Steuerrecht
Rechtsanwalt