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2. April 2024
Künstliche Intelligenz (KI) im Arbeitsverhältnis: Eine Chance für die Zukunft

Die Arbeitswelt erlebt einen grundlegenden (Unternehmer-)Wandel, beschleunigt durch die Covid-Krise und die damit einhergehende etablierte Praxis des Home-Offices sowie „Remote Working“. Die Integration von Künstlicher Intelligenz (KI) in Unternehmen nimmt zu, was neue Herausforderungen, aber auch Chancen für eine effiziente, wirtschaftliche und verantwortungsbewusste Arbeitsgestaltung mit sich bringt. Gesetzliche Regelungen findet man zu KI bislang so gut wie gar nicht. Die Regulierung von KI stellt eine besondere Herausforderung dar, da der Gesetzgeber den technologischen Entwicklungen oft hinterherhinkt. 

Wir zeigen in Kürze aus unserer Beratungspraxis auf, welche arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen mit der Nutzung von KI verbunden sind und für Unternehmen die Regelungsbasis darstellen sollte:

I. Neue Arbeitswelt durch KI

Die „New Work“ Revolution hat bereits begonnen. KI bietet die Möglichkeit, Kosten zu senken, demografische Herausforderungen zu meistern und den Fachkräftemangel zu adressieren. Allerdings sind mit der Einführung von KI auch rechtliche Unsicherheiten verbunden, insbesondere hinsichtlich der Haftung und der Notwendigkeit interner Regularien. Die Integration von KI in die Arbeitswelt verändert Arbeitsprozesse und Berufsprofile grundlegend. Sie erfordert eine Anpassung des Arbeitsrechts, um Datenschutz, Persönlichkeitsrechte und neue Qualifikationsanforderungen zu berücksichtigen, dabei Chancen zu maximieren und Risiken für Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen zu minimieren. Eine Balance zwischen (rechtlicher) Innovation und ethischen Standards ist essenziell. Um diese Balance zu erreichen, gilt es (neue) arbeitsrechtliche Strukturen zu schaffen. 

II. Arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen

Die höchstpersönliche Erfüllung der Arbeitspflicht des Arbeitnehmers aus § 613 BGB steht im Fokus, was bei der Nutzung von KI besonders zu bedenken ist. Ein lediglich unterstützender Einsatz von KI dürfte dem Höchstpersönlichkeitsgrundsatz nicht widersprechen und in jedem Fall einen zulässigen Rahmen bilden. Die kann durch Weisung des Arbeitgebers umgesetzt werden.

Das Weisungsrecht des Arbeitgebers beinhaltet, dass Aufgaben und Tätigkeiten, die der Arbeitspflicht unterliegen, zugewiesen werden können. Umfang und die Grenzen des damit korrespondierenden Weisungsrechts des Arbeitgebers folgen u.a. aus § 611a BGB und § 106 GewO, Tarifverträgen und Dienst- und Betriebsvereinbarungen. Der jeweilige Grundsatz der „Billigkeit“ folgt aus § 135 BGB. Eine objektive und faire Anwendung dieses Rechts ist insbesondere bei KI-basierten Personalentscheidungen essenziell. Arbeitgeber sollten daher bei der KI-Nutzung beachten, dass der Arbeitnehmer zwar weisungsgebunden ist, diesem aber grundsätzlich nur Tätigkeiten und Aufgaben zugewiesen werden können, die von seiner Arbeitspflicht umfasst sind. Daher sind in der Umsetzung einige Praxistipps für die Implementierung von KI zu beachten:

  • Formulierung von KI-Nutzungsklauseln in Arbeitsverträgen und Richtlinien oder durch Zusatzvereinbarungen.
  • Festlegung von „Use-Cases“ von Fallkonstellationen, Abläufen, Prozessen oder Analysen und konkreten Vorgaben für die KI-Nutzung.
  • Sicherstellung der Prüfung, Steuerung und Kontrolle der KI durch verantwortliche Arbeitnehmer.
  • Einhaltung von Datenschutzbestimmungen und anderen rechtlichen Vorgaben.
  • Transparente Kommunikation der KI-Nutzungsbedingungen.

III. Entwicklung einer „KI-Strategie“

Unternehmer sollten eine klare KI-Strategie entwickeln, die nicht nur technische Aspekte, sondern auch ethische Überlegungen und Compliance-Anforderungen umfasst. Folgende Regelungen und Bereiche gilt es einzubeziehen:

Richtlinien und Arbeitsanweisungen
Erstellung von detaillierten Richtlinien und Arbeitsanweisungen zur KI-Nutzung, die sowohl den Einsatzbereich definieren als auch die Grenzen und Überwachungsmechanismen klar aufzeigen.

Schulung und Weiterbildung
Investitionen in die Schulungen der Arbeitnehmer, um ein Verständnis für KI zu fördern und sicherzustellen, dass die Technologie unterstützend und nicht ersetzend genutzt wird.

Datenschutz und IT-Sicherheit
Datenschutz und IT-Sicherheit sind bei der Implementierung von KI-Systemen von größter Bedeutung. Daher sollte sichergestellt sein, dass alle genutzten KI-Anwendungen den geltenden Datenschutzbestimmungen entsprechen und sensible Daten vor unberechtigtem Zugriff Dritter geschützt sind.

Transparente Kommunikation
Transparente Kommunikation mit Arbeitnehmern über die Einführung und Nutzung von KI im Unternehmen zur Förderung des Verständnisses und der Akzeptanz.

Einbindung der Personalvertretung
Frühzeitige Einbindung der Personalvertretung, um Mitbestimmungsrechte zu wahren und einen Konsens über die Einführung und Nutzung von KI zu erzielen.

IV. Haftungsfragen

Arbeitnehmer haften für schuldhafte Pflichtverletzungen im Arbeitsverhältnis, die zu Schäden für das Unternehmen oder Dritte führen. Gemäß der Haftungsnormen der §§ §§ 280 I, 282, 241 II, 611ff. BGB kann der Arbeitgeber Ersatz vom Arbeitnehmer für entstandene Schäden verlangen, die vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht worden sind. Diese Grundsätze bleiben auch für die Haftung bei schuldhaften Arbeitspflichtverletzungen bei der KI-Nutzung relevant. Dennoch haften Unternehmen für auch für schuldhafte Pflichtverletzungen der Arbeitnehmer zunächst regelmäßig im Außenverhältnis über zivilrechtliche Zurechnungsnormen (u.a. § 278 BGB – Erfüllungsgehilfen). Die Klarstellung der KI-Nutzung und die Installation interner Kontrollsysteme sind entscheidend, um Haftungsrisiken für Unternehmen und Arbeitnehmern zu minimieren.

V. Beteiligungs- und Mitbestimmungsrechte

Die Einbindung der Personalvertretung bei der Einführung von KI ist essenziell. Dienstvereinbarungen können hierbei helfen, einen Konsens zu finden und die Akzeptanz der KI-Nutzung zu fördern. Denn der Einsatz von KI berührt verschiedene rechtliche Aspekte, einschließlich des Direktionsrechts des Arbeitgebers, der Pflicht zur persönlichen Arbeitsleistung und den Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats. Der Betriebsrat hat Beteiligungsrechte, wenn es um die Einführung und Nutzung von KI am Arbeitsplatz geht. Dazu gehören Informations-, Beratungs- und Mitbestimmungsrechte, insbesondere wenn KI zur Überwachung von Arbeitnehmern genutzt werden könnte.

VI. Datenschutz und IT-Sicherheit

Die Gewährleistung der Datenschutzkonformität und der IT-Sicherheit ist beim Einsatz von KI von höchster Bedeutung. Technische und organisatorische Maßnahmen müssen umgesetzt werden, um die Sicherheit und Korrektheit der verwendeten Daten zu garantieren. Hierzu gehören:

Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO): Es gilt sicherzustellen, dass die KI-Datenverarbeitung den Grundsätzen der Rechtmäßigkeit, Transparenz und Zweckbindung entspricht.

Datenschutz-Folgenabschätzung:
Identifikation der Risiken für personenbezogene Daten und deren Minimierung.

Technische und organisatorische Maßnahmen:
Sicherung der Datenintegrität und -vertraulichkeit mit aktuellen IT-Sicherheitstechnologien.

Betroffenenrechte:
Ermöglichung für Nutzer Zugriff, Berichtigung und Löschung ihrer Daten vornehmen zu können.

Datenschutzbeauftragter:
Regelmäßige Abstimmung mit dem Datenschutzbeauftragten für Compliance-Überprüfungen.

VII. Ausblick

Die Nutzung von KI im Arbeitsverhältnis bietet zahlreiche Chancen für Unternehmen. Die Balance zwischen den Rechten und Pflichten von Arbeitnehmern im Kontext der KI-Nutzung ist für ein positives Arbeitsumfeld von entscheidender Bedeutung. Es ist wichtig, dass sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer proaktiv zusammenarbeiten, um die Potenziale von KI zu nutzen und gleichzeitig ethische, rechtliche und persönliche Grenzen zu respektieren. 

Durch die Entwicklung klarer Strategien, Richtlinien zur Einhaltung rechtlicher Vorgaben, sind Unternehmen in der Lage, die Vorteile von KI rechtssicher und gewinnbringend nutzen.

Tim Reichelt
Rechtsanwalt | Fachanwalt für Arbeitsrecht
treichelt@dierkes-partner.de
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