freepik
2. Mai 2024
Schwellenwerte im Arbeitsrecht – eine Übersicht

Ein Schwellenwert gibt vor, ab welcher Anzahl von Mitarbeitern ein Gesetz oder eine bestimmte gesetzliche Regelung zur Anwendung kommt. Eine wissenschaftliche Arbeit aus dem Jahr 2005 kommt zu dem Schluss, dass es im deutschen Arbeitsrecht rund 160 verschiedene Schwellenwerte gibt; und es sind seither bestimmt nicht weniger geworden. In diesem Blogbeitrag geben wir Ihnen einen Überblick über die relevantesten arbeitsrechtlichen Schwellenwerte.

Kündigungsschutz

  • Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes (§ 23 KSchG): Das Kündigungsschutzgesetz ist nicht anwendbar in Betrieben, die in der Regel zehn oder weniger Arbeitnehmer beschäftigen. Für Arbeitnehmer, die vor dem 31.12.2003 eingestellt wurden, gilt unter bestimmten Voraussetzungen noch ein anderer Schwellenwert, denn hier kann das Kündigungsschutzgesetz bereits ab einer Mitarbeiterzahl von mehr als fünf zur Anwendung kommen.
  • Massenentlassungsanzeige (§ 17 KSchG): Eine Anzeigepflicht gegenüber der Agentur für Arbeit kann bestehen, wenn mehr als fünf Arbeitnehmer entlassen werden.

Teilzeitarbeit

  • Teilzeitarbeit (§ 8 TzBfG): Arbeitnehmer können einen Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit geltend machen, wenn mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt werden.
  • Brückenteilzeit (§ 9a TzBfG): Bietet die Möglichkeit, die Arbeitszeit vorübergehend zu verringern und anschließend wieder zu erhöhen, wenn mehr als 45 Arbeitnehmer beschäftigt sind.
  • Teilzeit während der Elternzeit (§ 15 BEEG): Arbeitnehmer haben das Recht auf Teilzeitarbeit während der Elternzeit, wenn mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt werden.

Pflegezeit und Familienpflegezeit

  • Pflegezeit (§ 3 PflegeZG): Arbeitnehmer können bis zu sechs Monate freigestellt werden, um nahe Angehörige zu pflegen, wenn mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt werden. Auch bei kleineren Arbeitgebern kann allerdings eine entsprechende Vereinbarung betroffen werden. Arbeitgeber müssen daher in jedem Fall sehr schnell auf derartige Anträge reagieren.
  • Familienpflegezeit (§ 2 FPfZG): Nach diesem Gesetz können Arbeitnehmer bis zu 24 Monate teilweise freigestellt werden, wenn mehr als 25 Arbeitnehmer beschäftigt werden. Auch bei kleineren Arbeitgebern kann allerdings eine entsprechende Vereinbarung betroffen werden. Arbeitgeber müssen daher in jedem Fall sehr schnell auf derartige Anträge reagieren.

Datenschutzbeauftragter

  • Bestellung eines Datenschutzbeauftragten (§ 38 BDSG): Wenn in Ihrem Unternehmen mehr als 20 Arbeitnehmer ständig mit der automatisierten Verarbeitung personenbezogener Daten beschäftigt sind, müssen Sie einen Datenschutzbeauftragten bestellen.

Jugend- und Auszubildendenvertretung

  • Wahl der Jugend- und Auszubildendenvertretung (§ 60 BetrVG): In Ihrem Betrieb kann eine Jugend- und Auszubildendenvertretung gewählt werden, wenn mindestens fünf jugendliche Arbeitnehmer oder Auszubildende vorhanden sind.

Sicherheitsbeauftragter

  • Bestellung eines Sicherheitsbeauftragten (§ 22 SGB VII): Sie sind verpflichtet, einen Sicherheitsbeauftragten zu bestellen, wenn mehr als 20 Arbeitnehmer beschäftigt werden.

Betriebsrat

  • Betriebsratsfähigkeit (§ 1 BetrVG): Es kann ein Betriebsrat errichtet werden, wenn im Betrieb in der Regel mindestens fünf ständige wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt werden.
  • Größe des Betriebsrats (§ 9 BetrVG): Die Anzahl der Mitglieder des Betriebsrats steigt mit der Zahl der Beschäftigten, beginnend bei einem Mitglied in Betrieben mit fünf bis 20 Arbeitnehmern.
  • Freistellung von Betriebsratsmitgliedern (§ 38 BetrVG): Ab einer Betriebsgröße von 200 Arbeitnehmern sind Betriebsratsmitglieder von ihrer beruflichen Tätigkeit freizustellen.
  • Personelle Einzelmaßnahmen und Betriebsänderungen (§ 99 und § 111 BetrVG): Werden mehr als 20 Arbeitnehmer beschäftigt, hat der Betriebsrat bei personellen Einzelmaßnahmen (z.B. Einstellungen) und sog. Betriebsänderungen mitzubestimmen.

Schwerbehindertenvertretung, Beschäftigungsquote

  • Wahl einer Schwerbehindertenvertretung (§ 177 SGB IX): In Ihrem Betrieb kann eine Schwerbehindertenvertretung gewählt werden, wenn mindestens fünf schwerbehinderte Menschen beschäftigt sind.
  • Beschäftigungspflicht schwerbehinderter Menschen (§ 154 SGB IX): Sie müssen mindestens 5% Ihrer Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen besetzen, sofern mehr als 20 Arbeitsplätze vorhanden sind. Wird diese Quote nicht erfüllt, ist im Regelfall eine Ausgleichsabgabe zu leisten.

Unternehmensmitbestimmung

  • Drittelbeteiligungsgesetz (§ 1 DrittelbG): In Unternehmen mit in der Regel mehr als 500 Arbeitnehmern bestimmen Arbeitnehmer ein Drittel der Mitglieder des Aufsichtsrats. Diese Vorschriften gelten allerdings nur für bestimmte Unternehmensformen (z.B. AG, GmbH).
  • Mitbestimmungsgesetz (§ 1 MitbestG): In Unternehmen mit mehr als 2000 Arbeitnehmern wird der Aufsichtsrat paritätisch von Arbeitnehmern und Anteilseignern besetzt. Auch hier gibt es einen Numerus clausus der Unternehmensformen, es sind alos nur bestimmte erfasst.

Als Arbeitgeber ist es entscheidend, sich über die Schwellenwerte im Arbeitsrecht im Klaren zu sein, da diese erhebliche Auswirkungen auf den Umfang Ihrer Pflichten als Arbeitgeber haben können. Die vorstehende Übersicht soll Ihnen helfen, einen guten Überblick über die wichtigsten Schwellenwerte zu erhalten und Sie grundsätzlich für das Thema zu sensibilisieren. Bei Fragen rund um das Thema stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung!

Johann Moritz Leverkühn
Rechtsanwalt | Fachanwalt für Arbeitsrecht
Tim Reichelt
Rechtsanwalt | Fachanwalt für Arbeitsrecht
treichelt@dierkes-partner.de
Telefon +49 - (0)40 - 36156 - 122