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20. August 2021
6 % Zinsen sind zu hoch

Bereits seit langem bestand die Diskussion, ob Zinsen in Höhe von 0,5 % pro Monat, also 6 % pro Jahr, in der heutigen Zinslandschaft noch angemessen sind. Wer an das Finanzamt Nachzahlungszinsen zu zahlen hat, empfindet es als zu hoch, wer eine Erstattung inkl. Erstattungszinsen bekommt, freut sich.

Am 18. August 2021 hat das Bundesverfassungsgericht sein Urteil hierzu veröffentlicht. Nach Ansicht der Richter ist der Zinssatz bereits seit 2014 zu hoch, jedoch ist das Gesetz bis einschließlich 2018 weiter anzuwenden. Erst für die Zeit ab dem 1. Januar 2019 muss der Gesetzgeber eine neue gesetzliche Regelung schaffen. Zeit hierfür ist bis zum 31. Juli 2022.

Was bedeutet das im Einzelnen?

Zunächst ist auf Grund der anstehenden Bundestagswahl aus unserer Sicht davon auszugehen, dass eine Gesetzesänderung erst in 2022 erfolgen wird. Diese muss abgewartet werden, da nach dem Urteil die Zinsen zwar zu hoch sind, es aber keine Ausführungen dazu gibt, wie angemessene Zinsen zu berechnen sind.

Seit 2019 sind Steuerbescheide hinsichtlich der Höhe der Zinsen vorläufig ergangen, so dass diese nach der Gesetzesänderung geändert werden können. Aber Achtung, dies gilt auch für Erstattungszinsen. Diese werden voraussichtlich reduziert werden und damit teilweise zurückzuzahlen sein.

Ob Änderungen auch für den Zeitraum 2014 bis 2018 möglich sein werden, muss in Ruhe auf Basis des vorliegenden Urteils überprüft werden. Der Gesetzgeber kann die gesetzliche Änderung auch auf diesen Zeitraum zurückbeziehen. Ob dies passieren wird, ist äußerst fraglich.

Betroffen von den Änderungen sind nicht nur die klassischen Nachzahlungs- und Erstattungszinsen, auch Zinsen bei Aussetzung der Vollziehung und andere Verzinsungsregelungen im Steuerrecht müssen angepasst werden. Auch wenn eine Übertragung von stillen Reserven nach § 6b EStG unterbleibt, wird bei der Auflösung für die Verzinsung auf die Abgabenordnung abgestellt, so dass sich auch hier der Zins in Zukunft reduzieren wird.

Wir werden die Entwicklungen für Sie weiter beobachten und Sie auf dem Laufenden halten.

Bettina Ohlwein
Steuerberatin, Wirtschaftsprüferin