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8. September 2020
Gewerblicher Grundstückshandel

Für die Beurteilung der steuerlichen Auswirkung eines Verkaufs einer Immobilie durch natürliche Personen ist insbesondere die durch den Verkauf realisierte Einkunftsart maßgeblich. Möglich sind hier private Veräußerungsgeschäfte im Sinne des § 23 EStG oder gewerbliche Einkünfte im Sinne des § 15 EStG.

Besondere Vorsicht ist geboten, wenn die Immobilie zwar dem Privatvermögen des Veräußerers zugeordnet ist, es aufgrund der Anzahl der Immobilienveräußerungen oder auch aufgrund anderer Umstände dazu kommen kann, dass der Verkauf einen gewerblichen Charakter erlangt. Diese Besonderheit wird im Folgenden erläutert.

Sind die veräußerten Immobilien dem Privatvermögen der Verkäufer zugeordnet, werden grundsätzlich sogenannte private Veräußerungsgewinne im Rahmen der privaten Vermögensverwaltung realisiert (§ 22 Nr. 2 EStG i.V.m. § 23 (1) S.1 Nr.1 EStG). Diese sind in das zu versteuerndes Einkommen mit einzubeziehen und mit dem normalen Steuertarif zu versteuern. Nach Ablauf der 10-jährigen Spekulationsfrist des § 23 (1) S.1 Nr.1 EStG werden Veräußerungsgewinne sogar steuerfrei vereinnahmt.

Praxishinweis: Steuerfrei kann ein Veräußerungsgewinn auch vereinnahmt werden, wenn der Veräußerer im Jahr der Veräußerung und in den beiden Jahren davor die Immobilie selbst bewohnt hat. Dies ist so zu verstehen, dass man in dem Jahr der Veräußerung mindestens einen Tag, das gesamte Jahr vor der Veräußerung und zwei Jahre vor der Veräußerung ebenfalls mindestens einen Tag in der veräußerten Immobilie gewohnt haben muss. Im Extrembeispiel könnte man also zum 31.12.2018 eingezogen sein und am 01.01.2020 ausgezogen. Dann würde auch eine kurzfristige Vermietung vom 02.01.2020 bis zum Verkauf in 2020 nichts an der Steuerfreiheit ändern.

Sollten jedoch mehrere Objekte in einer relativ kurzen Zeit veräußert werden, könnte ein sogenannter gewerblicher Grundstückhandel vorliegen. Dies würde zu einer Umqualifikation der Veräußerungsgewinne in gewerbliche Einkünfte i.S.d. § 15 (2) EStG führen. Eine Steuerfreiheit der Veräußerungsgewinne nach Ablauf der 10-jährigen Haltefrist oder trotz der Eigennutzung würde in diesem Fall nicht gewährt werden. Darüber hinaus käme es zu einer zusätzlichen Belastung der Gewinne durch (nur teilweise anrechenbare) Gewerbesteuer.

Gemäß fortlaufender BFH-Rechtsprechung ist die Abgrenzung zwischen der privaten Vermögensverwaltung und dem Bereich des gewerblichen Grundstückhandels im Grundsatz immer eine Einzelfallentscheidung.

Als Indiz für das Vorliegen eines gewerblichen Grundstückshandels wurde im Interesse einer gewissen Rechtssicherheit die sog. Drei-Objekt-Grenze durch den BFH entwickelt. Danach wird der Bereich der privaten Vermögensverwaltung verlassen, wenn der Steuerpflichtige innerhalb von fünf Jahren mehr als drei Objekte veräußert und zwischen Kauf bzw. Errichtung des einzelnen Objekts und der Veräußerung ein enger zeitlicher Zusammenhang von grundsätzlich nicht mehr als fünf Jahren besteht.

Gemäß dem entsprechenden Erlass der Finanzverwaltung vom 26. März 2004 gilt hierbei im Fall der langjährigen (d.h. länger als zehn Jahre andauernden) Vermietung der fraglichen Objekte, dass eine Veräußerung zur privaten Vermögensverwaltung gehört. Dies soll unabhängig vom Umfang des veräußerten Grundbesitzes gelten.

Die langjährige Vermietungsaktivität wird in der herrschenden Literatur somit oft als „sicherer Hafen der Nicht-Gewerblichkeit“ interpretiert. Wie oben bereits dargelegt, verweist der BFH in seinen einschlägigen Urteilen jedoch auf den Charakter der Einzelfallentscheidung bei der Abgrenzung zwischen privater Sphäre des Steuerpflichtigen und dem gewerblichen Grundstückhandel. Vorsorglich sollten daher alle Grundstücke in eine Prüfung einbezogen werden.

In seinem Urteil vom 28.09.2017 hat der BFH seine bis dato auf bewegliche Wirtschaftsgüter beschränkte „Verklammerungsrechtsprechung“ auch auf Immobilien ausgedehnt. Nach dem Rechtsinstitut der Verklammerung werden die Anschaffung, die langjährige Vermietung und der Verkauf des Objektes gedanklich zu einer einzigen Gesamtaktivität zusammengefasst (also verklammert). Nach Auffassung des BFH ist diese Verklammerung auch bei einer langjährigen Überschreitung der 10-jährigen Frist des § 23 (1) S.1 Nr.1 EStG vorstellbar und würde somit bei einem Verkauf der langjährig vermieteten Immobilie zur Erzielung gewerblicher Einkünfte führen können. Wie der BFH in seinem Urteil weiter ausführt, wäre zur Vermeidung der gewerblichen „Verklammerung“ eine objektbezogene Totalüberschussprognose aus der privaten Vermietungstätigkeit der Immobilie notwendig gewesen.

Weiterhin hat der BFH bereits entschieden (vgl. z. B. BFH vom 07.12.1995), dass auch die Beteiligung an einer Personengesellschaft, die gewerblich mit Grundstücken handelt, auf einen Beteiligten abfärben kann. So können die Veräußerungen von Grundstücken aus der Personengesellschaft heraus als Zählobjekt i. S. d. sog. Drei-Objekt-Grenze bei dem einzelnen Beteiligten zählen. Voraussetzung ist hier, dass der Beteiligte zu mindestens zehn Prozent beteiligt ist, oder der Verkehrswert seines Anteils 250.000 Euro übersteigt.

Fazit:
Die Abgrenzungsentscheidung zwischen der privaten Vermögensverwaltung und dem Bereich des gewerblichen Grundstückhandels soll nach höchstrichterlicher Rechtsprechung den Charakter einer Einzelfallentscheidung haben.

Durch die Ausweitung der Verklammerungsrechtsprechung des BFH auf langjährig vermietete Immobilien gewährleistet eine über die 10-Jahresfrist hinausgehende Besitzdauer der Immobilie keine zwingende Zuordnung des Verkaufsgewinnes zur steuerlich unbeachtlichen privaten Sphäre des Steuerpflichtigen.

Zusätzliche individuelle Punkte des steuerlichen Sachverhaltes bzw. des Steuerpflichtigen (branchennahe berufliche Tätigkeit, teilweise Fremdfinanzierung der Objekte, potentielle Reinvestition in andere Immobilienobjekte und somit eine nachhaltige Tätigkeit, Beteiligungen an Grundstücksgesellschaften) könnten zusätzlich für einen gewerblichen Charakter des Immobilienverkaufes sprechen.

Es sollte bei (mehreren) Verkäufen von Immobilien daher unbedingt im Vorfeld eine Überprüfung stattfinden, ob die „Gefahr der Gewerblichkeit“ gegeben ist.

Dipl.-Kfm. Simon Thering
Wirtschaftsprüfer, Steuerberater