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25. August 2020
Home-Office: Vorbereitet für die Zeit nach Corona

In den vergangenen Wochen hat sich in zahlreichen Unternehmen gezeigt, dass viele Dienstreisen nicht erforderlich sind und dass die Arbeit aus dem Home-Office für Arbeitgeber und Arbeitnehmer Vorteile mit sich bringt. So wurde die Erfahrung gemacht, dass eine Telefon- oder Videokonferenz häufig zum gleichen Ziel führt wie eine Dienstreise. Reduziert man künftig bewusst deren Zahl, so werden erhebliche Reisekosten eingespart. Und es entfallen unproduktive Reisezeiten, die teils in keinem Verhältnis zu dem auswärtigen Termin stehen. Diese Zeitersparnis kann genutzt werden, um Arbeitnehmer produktiv einzusetzen. Die Effektivität kann deutlich gesteigert werden. Nicht vergessen werden sollte auch, dass die mit häufigen oder weiten Dienstreisen für die Arbeitnehmer einhergehenden Belastungen erheblich verringert werden. Positive Auswirkungen auf Krankheitszeiten sind zu erwarten. Der ein oder andere Arbeitnehmer wird dies zunächst als ein Stück Freiheitsverlust empfinden. Unterm Strich führt die Reduzierung auf notwendige Dienstreisen jedoch für beide Arbeitsvertragsparteien zu Vorteilen.

Ähnlich stellt sich die Situation bei der Arbeit im Home-Office dar. In der Vergangenheit wurde Home-Office häufig mit dem Argument abgelehnt, man könne den Arbeitnehmer nicht kontrollieren. Jetzt haben viele Führungskräfte gelernt, dass die Mitarbeiter zumeist auch im Home-Office ihre Arbeit ohne Verluste – ja teilweise sogar noch effektiver – erledigen. Das so gewonnene Vertrauen und die zerstreuten Zweifel sollten in Zukunft genutzt werden: Auch ohne Corona kann mehr Arbeit von zuhause aus erbracht werden. Dies ist ein Vertrauensbeweis, und es führt zu Entlastungen für beide Seiten.

Für Arbeitgeber verringert sich der Raumbedarf, was zu einer signifikanten Reduzierung der Kosten für Büromiete führt. Arbeitnehmer werden entlastet, indem Fahrtzeiten entfallen, die in Ballungszentren mehrere Stunden pro Tag betragen können. Jeder, der es einmal erlebt hat, wird bestätigen, dass der Gewinn an Lebensqualität und der verringerte Stress enorm positiv sind. Als Nebeneffekt entlastet dies die Straßen und sorgt für weniger Umweltverschmutzung. Das fordert die Politik: Wo bleibt die Home-Office-Pauschale, ergänzend zur Pendlerpauschale?

Bei der Ausgestaltung der Arbeit im Home-Office sollten jedoch wichtige Eckpunkte beachtet werden: Arbeitgeber können grundsätzlich nicht einseitig anordnen, dass die Arbeit aus dem Home-Office erbracht werden soll. Hier bedarf es der Zustimmung des Arbeitnehmers. Auch sind Beteiligungsrechte des Betriebsrats zu berücksichtigen. Umgekehrt kann der Betriebsrat Arbeitgeber nicht zur Einführung von Home-Office-Tätigkeiten zwingen. Ebenso wenig kann ein Arbeitnehmer durch eine zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat abgeschlossene Betriebsvereinbarung gegen seinen Willen zur Arbeit im Home-Office verpflichtet werden.

Arbeit im Home-Office sollte klar strukturiert sein. Es ist sinnvoll, Regelungen zur Erreichbarkeit des Arbeitnehmers zu schaffen, um die Zusammenarbeit mit Vorgesetzten, Kollegen und externen Ansprechpersonen zu koordinieren. Ungeachtet dessen kann dem Mitarbeiter in einem bestimmten Umfang die Einteilung seiner Arbeitszeit überlassen bleiben. Dies ist ein weiterer Vertrauensbeweis, der die Zusammenarbeit stärken kann. Funktioniert das in der Praxis nicht, dann steht dem Arbeitgeber im Rahmen seines Direktionsrechts die Möglichkeit zu, diese Freiheiten wieder einzuschränken.

„Ein monatlicher Pauschalbetrag zur Abgeltung von Aufwendungen im Home-Office kann helfen, Streitigkeiten zu vermeiden“

Gerade weil Arbeitszeiten im Home-Office flexibel gestaltet werden können, ist darauf zu achten, dass gesetzliche Vorgaben zu Höchstarbeitszeiten, Pausen- und Ruhezeiten eingehalten werden. Auch der Arbeitsschutz ist zu beachten. Den Arbeitgeber treffen unter anderem Hinweispflichten bezüglich Risiken sowie Möglichkeiten der Risikovermeidung. Bei Heimarbeit ist nicht zuletzt an die psychischen Belastungen durch die Entgrenzung von Arbeits- und Freizeit zu denken. Unabhängig vom Arbeitsort sind Beschäftigte nicht verpflichtet, eigene Arbeitsmittel zur Verfügung zu stellen. Es ist Aufgabe des Arbeitgebers, für die erforderliche Ausstattung zu sorgen.

Auch auf Datenschutz ist zu achten. Arbeitgeber sollten klare Regeln für die Tätigkeit im Home-Office aufstellen. Arbeitnehmer sind vor allem anzuweisen, die Vertraulichkeit von Daten und Unterlagen sicherzustellen, indem beispielsweise Schriftstücke unter Verschluss gehalten werden und der Rechner bei Abwesenheit gesperrt und nicht von Dritten genutzt wird. Dass vertrauliche Unterlagen nicht im Hausmüll landen, dürfte einleuchten. Dennoch sollte auch das Thema der Datenvernichtung klar geregelt sein. Maßnahmen im Bereich des Datenschutzes sollten gründlich dokumentiert werden, um Haftungsrisiken zu minimieren. Regelmäßige Schulungen zum Thema Datenschutz sind sinnvoll.

Schließlich sind Fragen eines Aufwendungsersatzes für die Nutzung des Home-Office im Vorfeld klar und eindeutig zu regeln, denn hier kommt es häufig zu Streitigkeiten. So kann beispielsweise ein monatlicher Pauschalbetrag zur Abgeltung von Aufwendungen im Home-Office eine einfache und sinnvolle Lösung darstellen. Dies sollte mit der Klarstellung verbunden sein, dass ein darüber hinausgehender Erstattungsanspruch – beispielsweise für die Nutzung von Räumlichkeiten, Möbeln und Internet-Anschluss – nicht besteht.

Unternehmen sollten von diesen Erkenntnissen auch ohne den Druck einer Pandemie Gebrauch machen. Wünschenswert wäre dies sowohl aus Arbeitgeber- als auch aus Arbeitnehmersicht, denn ein Zurück in die Vergangenheit wird es nicht geben.

Dr. Steffen Görres
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht