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5. Juli 2018
Herabsetzung von Vorauszahlungen – „gefährlicher“ vorübergehender Liquiditätsvorteil

Es kommt vermehrt vor, dass findige Steuerpflichtige sich durch Herabsetzung ihrer Steuervorauszahlungen einen vorübergehenden Liquiditätsvorteil verschaffen wollen. Dem Finanzamt wird zu diesem Zweck ein gesunkenes Einkommen mitgeteilt. Die Vorauszahlungen werden – bei Übernahme der übersandten Daten – herabgesetzt. In der Jahressteuererklärung wird das korrekte Einkommen erklärt, das allerdings über dem für die Berechnung der Vorauszahlungen angegebenen Einkommen liegt. Die fällige Nachzahlung entspricht dann quasi der Tilgung des staatlich gewährten zinslosen Darlehens. Dieser Vorgehensweise ist die Steuerfahndung nun unmittelbar auf der Spur.

Einige Steuerarten – unter anderem die Einkommensteuer – kennen die unterjährige Steuerentrichtung in Form von Vorauszahlungen. Die Vorauszahlungen bemessen sich dabei in der Regel nach der Höhe der nicht durch Abzugssteuern gedeckten Steuerbelastung des Vorjahres. Die Jahressteuererklärung dient somit zum einen als Ermittlungsgrundlage für die Steuerbelastung im abgelaufenen Veranlagungszeitraum und wird zum anderen für die Festsetzung der aktuellen Vorauszahlungen herangezogen.

Herabsetzung der Vorauszahlungen

Der Steuerpflichtige kann die Höhe der Vorauszahlungen selbst „steuern“. Er hat die Möglichkeit, beim Finanzamt einen Antrag auf Herabsetzung der Vorauszahlungen zu stellen. Ein solcher Antrag wird aber eigentlich nur dann bewilligt, wenn die erwarteten Gewinne des Steuerpflichtigen tatsächlich im Nachhinein gesunken sind. Die Finanzverwaltung prüft solche Behauptungen jedoch nur sporadisch auf ihre Richtigkeit.

Strafrechtlich-relevantes Verhalten

Nun ist es zur „Mode“ geworden, die Vorauszahlungen herabsetzen zu lassen, um sich kurzfristig – allerdings rechtswidrig – einen Steuervorteil zu verschaffen. Zwei Konstellationen kommen in Betracht:

Entweder gibt der Steuerpflichtige bereits für das Vorjahr eine unrichtige Jahressteuererklärung ab, um die Steuer und die Vorauszahlungen zu niedrig festsetzen zu lassen. Im Jahr darauf berichtigten die Steuerpflichtigen die fehlerhaften Angaben per Selbstanzeige. Der Liquiditätsvorteil verdoppelt sich, weil zwei Jahre betroffen sind.

Oder der Steuerpflichtige stellt im laufenden Jahr einen Antrag auf Herabsetzung der festgesetzten Vorauszahlungen und täuscht so hinsichtlich der Gewinnerwartungen eines Veranlagungszeitraums.

Beide Kunstgriffe erfüllen den Straftatbestand der Steuerhinterziehung. Der Steuerpflichtige hat bewusst und unter Vorspiegelung falscher Tatsachen einen vorübergehenden Steuervorteil erlangt, also Steuern auf Zeit verkürzt. Denn erst durch die Abgabe der korrekten Jahressteuererklärung berichtigt er die ursprünglich falschen Angaben und entrichtet seine Steuern in voller Höhe. Gerade diese Steuerverkürzungen auf Zeit sind jüngst in den Fokus der Steuerfahndung geraten.

Selbstanzeige

Der Steuerpflichtige hat auch in diesen Konstellationen grundsätzlich die Möglichkeit, die goldene Brücke zur Straffreiheit zu beschreiten. Denn die Finanzverwaltung sieht in der Abgabe der richtigen Jahressteuererklärung eine strafbefreiende Selbstanzeige.

Allerdings ist bei der Einreichung der (korrekten) Jahressteuererklärung einiges zu beachten, um tatsächlich Straffreiheit zu erlangen. In den letzten Jahren sind die Anforderungen an eine strafbefreiende Selbstanzeige durch den Gesetzgeber erheblich verschärft worden. In der Selbstanzeige müssen alle im Zeitpunkt der Abgabe noch nicht strafrechtlich verjährten Steuerhinterziehungen offenbart werden. Die damit in Zusammenhang stehenden fehlerhaften oder unterlassenen Angaben müssen vollständig korrigiert bzw. nachgeholt werden. Nur dann ist die Selbstanzeige wirksam. Weitere Nachbesserungen sind im Anschluss nicht mehr möglich. Der Steuerpflichtige hat also nur einen Schuss, und der muss sitzen.

Relevanz für die Steuerfahndung

Doch selbst, wenn der Steuerpflichtige durch die Abgabe der korrigierten Jahressteuererklärung der Strafverfolgung entgehen sollte, treffen ihn u.U. erhebliche finanzielle Belastungen. Die Finanzverwaltung verlangt auf den vorübergehend verkürzten Steuerbetrag Hinterziehungszinsen in Höhe von 0,5 Prozent pro Monat! Der Zinslauf beginnt im Zeitpunkt der Verkürzung und endet erst mit vollständiger Zahlung der verkürzten Beträge. Bitte beachten: Der für die Berechnung von Hinterziehungszinsen maßgebliche Zeitraum beginnt nicht erst 15 Monate nach Ende des Kalenderjahres wie bei Nachzahlungszinsen.

Handlungsempfehlung

Da aufgrund der neueren Rechtsprechung damit zu rechnen ist, dass Steuerverkürzungen auf Zeit verstärkt verfolgt werden, kann nur abgeraten werden, sich auf diese Weise Liquidität zu beschaffen. Liegt jedoch eine Steuerverkürzung vor, sollten die Erklärungen schnellstmöglich berichtigt werden. Dabei hilft der sachkundige Berater.

Siebo Suhren, Fachanwalt für Steuerrecht, Zertifizierter Berater für Steuerstrafrecht (DAA)
Rechtsanwalt